Wenn du für deine Eltern mitdenkst: Warum Technik allein nicht reicht

Kapitel 01
Tochter erklärt dem Vater das Notebook

Inhalt

Wie wir aus einer Familiengeschichte lernen können, was wirklich hilft

Frage: Warum nutzen unsere Eltern digitale Hilfsmittel oft nicht, obwohl wir sie extra für sie besorgt haben?
Antwort: Weil Vertrautheit, Routine und ein positiver Zugang zur Technik wichtiger sind als eine gute Idee oder eine schlaue App. Nur wer das im Alltag berücksichtigt, kann wirklich helfen – gerade bei digitaler Hilfe für ältere Menschen. Für viele ältere Menschen ist Technik für Senioren ein Fremdkörper – bis sie positive Erfahrungen machen.

Eine Geschichte aus der Familie: Was wir falsch gemacht haben

Als unser Vater Ende 70 war, machten wir Geschwister uns zunehmend Sorgen. Er hatte Parkinson, war noch mobil, aber bei seinen täglichen Spaziergängen fürchteten wir, dass er stürzen und sich nicht bemerkbar machen könnte. Unsere Lösung: ein Handy – eine frühe Form digitaler Hilfe für ältere Menschen.

Das liegt mittlerweile rund 15 Jahre zurück. Handys waren damals noch vergleichsweise neu, wir Kinder nutzten sie schon beruflich und fanden es nur logisch, dass auch unser Vater eines haben sollte. Wir speicherten alle wichtigen Nummern ein, erklärten ihm die Grundfunktionen und baten ihn, das Handy stets dabei zu haben und es regelmäßig aufzuladen.

Doch es kam anders: Unser Vater nutzte das Handy nie. Mal war der Akku leer, mal hatte er es zu Hause vergessen. Wenn wir nachfragten, kamen immer Ausreden. Wir wurden mit der Zeit ungeduldig, schimpften, erklärten wieder und wieder. Aber genutzt hat er es bis zu seinem Tod nicht.

Was wäre heute anders?

Rückblickend weiß ich: Wir haben das Thema falsch angegangen. Unser Vater war ein sehr kontaktfreudiger Mensch. Ihm waren Anrufe wichtig. Abends saß er oft auf dem Sofa und wartete auf meinen Anruf.

  • Hätte ich damals regelmäßig über das neue Handy bei ihm angerufen, hätte er vielleicht eine ganz andere Beziehung dazu aufgebaut. Es wäre ein vertrautes Gerät geworden, das nicht mit Technikangst, sondern mit positiven Gefühlen verbunden ist.
  • Ich hätte ihm nicht nur Anrufe geschickt, sondern ihn auch um einen Rückruf gebeten. So hätte er selbständig ausprobieren können, wie das Gerät funktioniert.

Aber wir behandelten das Handy wie eine Notfallversicherung: einfach dabeihaben, für den Ernstfall. Doch so funktioniert Technik im Alltag nicht – vor allem nicht, wenn es um digitale Hilfe für ältere Menschen geht.

Was kannst du daraus lernen?

Wenn du für deine Eltern digitale Helfer installierst – sei es eine App für Medikamentenerinnerungen, eine Notruffunktion oder ein Ortungssystem – dann reicht es nicht, alles einmal zu erklären und dann loszulassen. Digitale Hilfe für ältere Menschen lebt von Vertrauen, Wiederholung und Alltagstauglichkeit.

Erwarte nicht, dass eine App sofort genutzt wird, nur weil du sie für hilfreich hältst. Für viele Menschen über 70 ist der Umgang mit digitalen Geräten nicht selbstverständlich. Und auch wenn dein Vater oder deine Mutter sonst sehr fit ist: Technik folgt anderen Regeln, und ohne positive Alltagserfahrungen bleibt sie fremd.

Baue die Nutzung in konkrete Situationen ein: Ruf deine Mutter über die App an, bitte deinen Vater, dir eine Nachricht zu schicken oder etwas damit auszuprobieren. Wiederhole das, ruhig, freundlich, mit Geduld. Und erkläre nicht nur, sondern begleite Schritt für Schritt.

Wenn du Enkelkinder hast, beziehe sie mit ein: Großeltern hören oft geduldiger zu, wenn der zehnjährige Enkel erklärt, wie die App funktioniert, als wenn die Tochter zum zehnten Mal nachfragt.

Warum das so wichtig ist

Nur wenn deine Eltern mit einem digitalen Werkzeug vertraut werden, können sie es im Notfall auch wirklich einsetzen. Und nur dann wirst du selbst entlastet, weil du weißt: Sie können im Zweifelsfall selbst handeln oder sich bemerkbar machen.

Technik muss in den Alltag eingebettet werden, mit positiver Bedeutung, mit gemeinsamen Erfahrungen. Alles andere bleibt Theorie – und landet, wie bei unserem Vater, ungenutzt in der Ecke. Darum ist digitale Hilfe für ältere Menschen keine technische, sondern eine zwischenmenschliche Aufgabe.

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